Ob vor dem Gewerkschaftshaus in Braunschweig, auf dem Berliner Opernplatz oder auf dem Gipfel des Kandel, an über 160 Orten in Deutschland fanden 1933 von März bis November Bücherverbrennungen durch die Nationalsozialisten statt. Sie wurden von der NSDAP, der Hitlerjugend, Körperschaften der SA, der Deutschen Studentenschaft und anderen NS-Verbänden geplant und durchgeführt. Schon kurz nach der Machtübernahme zeigte sich in diesen Aktionen die menschenverachtende Ideologie der Nationalsozialisten.
Waren die Verbrennungen Anfangs noch Teil des politischen Straßenterrors der SA, so entwickelten sie sich in den ersten Monaten zu großen Inszenierungen. Am bekanntesten ist hier die Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz, wo begleitet von Feuersprüchen die Werke verfolgter Autor:innen auf den Scheiterhaufen geworfen wurden.
„Aktion wider den undeutschen Geist“
Die Berliner Verbrennung war Teil der „Aktion wider den undeutschen Geist“, welche durch die Deutsche Studentenschaft organisiert wurde. Im Rahmen dieser Aktion fanden reichsweit in 41 Städten Bücherverbrennungen rund um den 10. Mai 1933 statt. Begleitet von Vorlesungsboykotten und der Entfernung z. B. jüdischer Professor:innen wurde so eine „Säuberung“ der Hochschulen vorangetrieben.
Dunkelziffer – nicht nur Berlin
Schon kurz nach dem Krieg gab es die ersten Bestrebungen, an die Bücherverbrennungen und die verfolgten Schriftsteller:innen zu gedenken. Der „Tag des freien Buches“ wurde 1947 als Gedenktag für die Bücherverbrennungen von 1933 in allen vier Sektoren Nachkriegsdeutschlands begangen. Doch schon hier zeichnete sich eine Fokussierung des Gedenkens auf die studentischen Verbrennungen ab. Dieser Fokus hat sich bis heute nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung und Erinnerung, sondern auch in der wissenschaftlichen Betrachtung gehalten, In der Folge gibt es auch heute noch eine Konzentration auf den 10. Mai als Gedenktag.
Demgegenüber hat die Verringerung der Dunkelziffer in den letzten Jahren gezeigt, wie facettenreich und regional unterschiedlich die Ereignisse von 1933 waren.
Die „schwarzen Listen“
Wurden bei den frühen Verbrennungen noch wahllos die Bücher aus den Bibliothek linker Gewerkschaftshäuser und Verlage verbrannt, so wurden im April 1933 durch den Bibliothekar Wolfgang Herrmann die ersten „Schwarzen Listen“ erstellt. Auf diese stützen sich die Student:innen in ihren reichsweiten Verbrennungen rund um den 10. Mai.
Die Listen waren auch Grundlage für die später durch die Reichsschrifttumskammer herausgegebene „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“.
Eine komplette Liste der „verbrannten Bücher“ zu erstellen ist unmöglich. Bereits die Liste „Schöne Literatur“ vom Bibliothekar Herrmann wurde mit dem Vermerk „Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Ausschließlichkeit“ versehen, was in der Folge wohl auch für die anderen Listen gegolten hat. Die örtlichen Veranstalter hatten ausdrücklich „jegliche Freiheit“ vom DSt-Hauptamt zugestanden bekommen.
Zu den gelisteten Schriften hinzu kommen außerdem die betroffenen Bücher aus den nicht zentral organisierten „wilden“ Verbrennungen.
Reaktionen Presse
Während in Deutschland die meisten Zeitungen gleichgeschaltet über die Vorgänge berichteten, nutzen amerikanische Zeitungen deutliche Worte: das Time Magazine sprach von einem „bibliocaust“ und die „Newsweek“ schrieb von einem „holocaust of books“.