Mascha Kaléko
Als ich Europa wiedersah
– Nach jahrelangem Sehnen –Als ich Europa wiedersah,
Da kamen mir die Tränen.
Mascha Kaléko, Als ich Europa wiedersah …
wurde am 7. Juni 1907 in Galizien (Polen) geboren. 1914 übersiedelte sie mit ihrer Mutter nach Deutschland, um Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung zu entgehen. Nach kurzen Zwischenstopps in Frankfurt und Marburg zogen sie 1918 nach Berlin. Dort verbrachte sie ihre Schul- und Studienzeit. Obwohl Mascha Kaléko eine gute Schülerin war und studieren wollte, begann sie, wohl auf Druck ihres Vaters, eine Bürolehre im Arbeiterfürsorgeamt der jüdischen Organisationen Deutschlands.Ende der 1920er Jahre kam sie mit der künstlerischen Avantgarde der Hauptstadt in Kontakt und lernte auch Else Lasker-Schüler und Joachim Ringelnatz kennen. 1929 veröffentlichte sie ihre ersten Kabarettgedichte. Die Gedichte spiegelten im heiter-melancholischen Stil die Lebensrealität der kleinen Leute wider. Durch die reichsweiten nationalsozialistischen Bücherverbrennungen 1933 war ihr Werk wohl noch nicht betroffen. Die Nationalsozialisten hatten damals noch nicht erfasst, dass Mascha Kaléko Jüdin war.
Doch bald wurden ihre Bücher als „schädliche und unerwünschte Schriften“ von den Nationalsozialisten verboten. Sie emigrierte im September 1938 mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten und hielt dort die Familie mit dem Verfassen von Reklametexten über Wasser und schrieb unter anderem Kindergedichte. Mascha Kaléko war vernetzt und aktiv in der Szene der deutschen Exilant:innen. Nach dem Krieg wurden ihre Werke auch in Deutschland wieder von einem breiten Publikum gelesen. 1960 sollte sie den Fontane-Preis der Akademie der Künste in Berlin (West) verliehen bekommen. Als Kaléko erfuhr, dass der ehemalige SS-Standartenführer Hans Egon Holthusen in der Jury für den Preis saß, lehnte sie die Nominierung ab. Im selben Jahr wanderte sie ihrem Mann zu Liebe nach Jerusalem aus. Im Herbst 1974 besuchte sie ein letztes Mal Deutschland. Auf der Rückreise verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand, so dass sie in Zürich ins Krankenhaus musste. Dort verstarb sie am 21. Januar 1975.
Erich Mühsam
Der Staat, der mir die Freiheit nahm,
der folgt, mich zu betrügen,
mir in den Kerker ohne Scham.
Ich soll dem Paragraphenkrammich noch in Fesseln fügen.
Sich fügen heißt lügen!
Erich Mühsam, Der Gefangene
wurde am 6. April 1878 in Berlin geboren. Aufgewachsen ist er mit seinen Eltern und Schwestern in Lübeck. Seine schriftstellerische Neigung fiel bereits in seiner frühen Jugend auf, als er im Alter von elf Jahren begann, Tierfabeln zu verfassen. Und auch seine politische Neigung zeigte sich schon früh. Am 11. Januar 1896 wurde er wegen „sozialdemokratischer Umtriebe“ der Schule verwiesen. Er hatte Berichte über schulinterne Vorgänge an den Lübecker Volksboten weitergegeben. Sein Vater war Apotheker und in dieser Familientradition begann er eine Apothekerlehre. 1901 zog er nach Berlin und wurde 1902 Redakteur der anarchistischen Zeitschrift „Der arme Teufel“. 1904 bis 1908 folgten Wanderjahre durch Europa. Auf diesen lernte er Karl Gräser kennen, der eine wichtige Inspiration im Aufbau einer Gemeinschaft nach anarchistischen Idealen war. Mühsam zog 1909 nach München und versuchte dort diese Gemeinschaft zu gründen. Er gründet die Gruppen „Tat“ und „Anarchist“, welche die „Agitation des Lumpenproletariats“ für den Anarchismus zum Ziel hatten. Als Zentralfigur der Schwabinger Bohème war er befreundet mit Heinrich Mann, Frank Wedekind, Lion Feuchtwanger und vielen anderen. Ende 1918 wurde er Mitglied des „Revolutionären Arbeiterrates“ und befürwortete die Ausrufung des Freistaates Bayern als Räterepublik. Er gehörte neben Ernst Toller und Gustav Landauer zu den Initiatoren und Anführern der Münchener Räterepublik. Im Zuge deren Zerschlagung wurde er inhaftiert. Nach fünf Jahren Haft wurde er 1924 amnestiert. Durch sein politisches Engagement vor, während und nach der Haftzeit war er den Nationalsozialisten von Beginn an ein Dorn im Auge. In der Nacht des Reichstagsbrandes wurde er als einer von vielen verhaftet und im KZ Oranienburg interniert. Nach über 16-monatiger „Schutzhaft“ wurde er von SS-Angehörigen am 10. Juli 1933 ermordet.
Erich Kästner
Da dreht sich einem der Magen um. Schriftsteller von Weltruf hatten aus ihrem Vaterland fliehen müssen. Andere saßen im Kerker und wurden totgeschlagen […] Berge von Büchern waren auf Scheiterhaufen verbrannt worden.
Erich Kästner, Briefe in die Röhrchenstraße
wurde am 23. Februar 1899 in Dresden geboren. Sein Vater war Sattlermeister und und die Mutter Dienstmädchen, Heimarbeiterin und später Friseurin. Zu ihr hatte Kästner eine besonders enge Beziehung, die auch immer wieder in seinen Kinderbüchern als Motiv auftaucht.
Er begann eine Ausbildung als Volksschullehrer, welche er aber kurz vor ihrem Ende abbrach. 1917 wurde er zur Armee einberufen. Die Brutalität der dortigen Ausbildung prägte ihn zum Antimilitaristen. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges machte Kästner den Abschlusskurs am Lehrerseminar und holte ein Jahr später auch sein Abitur nach. Im Herbst 1919 begann er in Leipzig sein Studium in Geschichte, Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaft. Während des Studiums begann er als Journalist und Theaterkritiker zu arbeiten. Nach seiner Kündigung bei der Neuen Leipziger Zeitung zog er 1927 nach Berlin. Seine Berliner Jahre während der Weimarer Republik zählten zu seiner produktivsten Zeit. Er veröffentlichte Gedichte, Reportagen und vieles mehr in verschiedensten Zeitschriften und Zeitungen Berlins. 1928 veröffentlichte er sein erstes Buch „Herz auf Taille“. 1929 folgte sein erstes Kinderbuch. Mit seiner Gebrauchslyrik entwickelte sich Kästner bis 1933 zu einem der wichtigsten Vertreter der Neuen Sachlichkeit.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten reiste Kästner für kurze Zeit in die Schweiz, wo er auch andere Exilant:innen traf, kehrte jedoch schnell nach Berlin zurück. Er wolle ein Chronist der Ereignisse sein war seine Begründung für diesen Schritt. Kästner war den neuen Machthabern als „Asphaltliterat“ verhasst und seine Werke, bis auf „Emil und die Detektive“, wurden im Mai 1933 bei den studentischen Bücherverbrennungen auf die Scheiterhaufen geworfen. Auf dem Berliner Opernplatz mischte sich Kästner unter die Menge und wurde selbst Zeuge bei der Verbrennung seiner Werke. Trotzdem verließ er Deutschland nicht. Mit einem Publikationsverbot belegt veröffentlichte er unter verschiedene Pseudonymen. Auch die Erträge aus dem Ausland erreichten ihn und sicherten seinen Lebensunterhalt. Nach Ende des Krieges zog er nach München, wo er bis zu seinem Tod am 29. Juli 1974 lebte. Bis zu seinem Lebensende engagierte sich der Pazifist Erich Kästner gegen Krieg und äußerte sich immer wieder kritisch gegen die Remilitarisierung.