Meinungsfreiheit damals und heute

Auswirkungen der Bücherverbrennungen auf die Meinungsfreiheit in der NS-Zeit

Die Bücherverbrennungen lösten eine Welle der Begeisterung und des Schreckens aus. Sie bereiteten den Weg für weitere, vorher unvorstellbare, Grenzüberschreitungen bis hin zum Holocaust. In der direkten Folge wurde die Bücher auf den „Schwarzen Listen“ systematisch aus Bibliotheken und Buchhandlungen entfernt. Obwohl viele der betroffenen Werke in privaten Regalen überlebten, wurden sie dadurch praktisch komplett aus der Öffentlichkeit verbannt. Durch die totalitär ideologische Kulturpolitik, die Zensur der Medienlandschaft und die Gleichschaltung entscheidender Institutionen wie Vereine, Verbände etc. wurde der Rahmen, in dem der öffentliche Diskurs und die Meinungsbildung stattfinden konnte, extrem eng abgesteckt. Dadurch wurde die Meinungsfreiheit in der NS-Zeit faktisch abgeschafft.


CartoonvonJerryDoyle,erschienenam10.Mai1943inder„PhiladelphiaRecord“ | ©USHMM–LibraryofCongress(PublicDomain)

Auswirkungen der Bücherverbrennungen in der Nachkriegszeit

Die kulturelle Entwicklung Deutschlands erlitt durch die Bücherverbrennungen einen folgenreichen Bruch. Erlebte die Literatur in der Weimarer Republik eine Blütezeit und erschloss ihren Leser:innen neue Realitätsbereiche, Milieus und Erfahrungen, setzten die Nationalsozialisten dieser Entwicklung 1933 ein brutales Ende. Nach 1945 war es dann nicht möglich, eine Kontinuität zur Vorkriegszeit herzustellen. Einerseits haben sich einige prägende Schriftsteller:innen unter dem Druck des Exils das Leben genommen, andererseits stand nun die Verarbeitung der einschneidenden Erfahrungen der vergangenen zwölf Jahre im Vordergrund. Zu stark hatte die nationalsozialistische Diktatur die Welt, die Gesellschaft und auch die Autor:innen selbst verändert. In Folge dessen publizierten Verlage in der Nachkriegszeit häufig lieber neue Werke statt “verbrannte Bücher” neu aufzulegen.


Titelblatt der Flugschrift „Nazi-German in 22 Lessons“ von WalterTrier,1942 | DeutschesExilarchiv1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek, EB Ks 474

Meinungsfreiheit heute

Heute erinnern wir an die Bücherverbrennungen und machen uns den Wert der Meinungsfreiheit für unsere demokratische Gesellschaft bewusst, die Freiheit, alles sagen, schreiben, lesen und veröffentlichen zu dürfen. Alle Arten von Ideen, Meinungen und Positionen müssen in der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht werden können. Die Meinungsfreiheit ist eines der zentralen Menschenrechte und macht es überhaupt erst möglich, sich öffentlich für Demokratie und weitere Menschenrechte einzusetzen. Eines davon ist die Gleichheit vor dem Gesetz, wonach niemand benachteiligt oder ausgegrenzt werden darf, weil er oder sie eine bestimmte Herkunft, Hautfarbe, Religion oder ein bestimmtes Geschlecht hat. Leider wird die Meinungsfreiheit, insbesondere von Rechtsradikalen, immer wieder zu diesem Zwecke missbraucht. Die Frage, ob es für die Vielfalt unserer Gesellschaft zuträglich ist, nicht allen Meinungen eine Plattform zu geben, oder ob solche Bestrebungen die Meinungsfreiheit in Gefahr bringen, wird zur Zeit heiß diskutiert. Die Möglichkeit zu haben, diese Diskussionen frei zu führen, ist ein großes Privileg unserer Demokratie. Es ist eine Errungenschaft unserer Zeit, dass hierbei den Perspektiven der von Diskriminierung betroffenen Gruppen immer größere Aufmerksamkeit geschenkt wird

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen.“

Mit diesen Worten warnte der italienische Schriftsteller und Auschwitz-Überlebende Primo Levi 1986 davor, die Verbrechen des Holocausts in Vergessenheit geraten zu lassen.

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