Verboten, verbannt, verbrannt – Literaturpolitik im Dritten Reich


Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass „[…] stets auch das Leben in die Schriften
eingreift“,schrieb Jan-Peter Barbian in seinem Werk zur Literaturpolitik im Dritten Reich. In der Diktatur des NS in Deutschland von 1933 bis 1945 griff nicht nur das Leben in die Schriften, sondern auch Ideologie und Politik. Dieser Eingriff erfolgte nicht nur durch die Neugründung und die Gleichschaltung von Institutionen, sondern auch durch die Entwicklung und Förderung eines gesellschaftlichen Bildes von „Schmutz- und Schundliteratur“, welche verbannt und verboten gehörte. Die Aussonderung und Verbannung von Schriften fand nicht nur in den symbolisch mächtigen Bücherverbrennungen statt, sondern auch in der alltäglichen Bürokratie der Buchhandlungen, Verlage und Bibliotheken.

Gleichzeitig wurde demgegenüber ein Bild geprägt über die erwünschte Literatur, welche im Sinne der „deutschen Volksgesundheit“ sei. Nicht umsonst rief Goebbels in seiner Rede auf dem Berliner Opernplatz die Student:innen dazu auf „[…] an der Stelle dieses Unrates einem wirklichen deutschen Geist die Gasse freizumachen.“

Mit Beginn der Machtübernahme wurden politisch genehme Schriftsteller:innen gezielt gefördert und nahmen nach und nach die Positionen ihrer verfolgten Berufskolleg:innen ein. Diese Kanonbildung fand durch die Chefredakteure und Medienmacher der gleichgeschalteten Verlagshäuser statt, aber auch durch verschiedene Institutionen in der nationalsozialistischen Verwaltung. Beispielhaft sind hier die Reichsschrifttumskammer und der Kampfbund für deutsche Kultur zu nennen.

Reichsschrifttumskammer

„Es gehört zu den Obliegenheiten der Reichsschrifttumskammer das deutsche Kulturleben von allem schädlichen und unerwünschten Schrifttum rein zu halten.“ So heißt es in der Anordnung der Reichsschrifttumskammer „Unerwünschtes Schrifttum“.

Die Reichsschrifttumskammer wurde als eine von sieben Einzelkammern in der Reichskulturkammer im September 1933 gegründet. Sie war zuständig für alle mit Büchern zusammenhängenden Kulturberufe und genau wie die anderen sechs Kammern war sie eine Zwangsorganisation. Wer kein Mitglied in ihr war, konnte auf dem Gebiet des Schrifttums nicht beruflich tätig werden. Dies gab den Nationalsozialisten gleichzeitig die Möglichkeit, durch Ausschluss aus der Kammer Berufsverbote gegen unerwünschte Personen zu verhängen. Die Basis der Kammer bildeten verschiedene Berufsverbände die im Zuge der Gleichschaltung in die Kammer aufgenommen wurden. So z. B. der Reichsverband deutscher Schriftsteller, der Börsenverein der Deutschen Buchhändler und der Verein Deutsche Bibliothekare. Laut Handbuch der Reichskulturkammer gehörte zu den Aufgaben der Reichsschrifttumskammer, den Berufsstand von „unerwünschten Elementen“ und den Buchmarkt von „undeutschem Gut“ rein zu halten.

Kampfbund für deutsche Kultur und das Amt Rosenberg

Der Kampfbund für deutsche Kultur war ein völkisch gesinnter und antisemitisch ausgerichteter Verein, der während der Weimarer Republik und den Anfängen des Nationalsozialismus bestand. Im Oktober 1933 umfasste er ca. 38.000 Mitglieder in 450 Ortsgruppen. Einige dieser Ortsgruppen waren auch an den Bücherverbrennungen von März bis November 1933 beteiligt. Der Kampfbund ging 1934 innerhalb des Amt Rosenberg auf, welches ein Überwachungsamt für Kulturpolitik war. Aufgrund des langen Namens „Amt des Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Erziehung der NSDAP“ ist es unter Amt Rosenburg oder Reichsüberwachungsamt bekannt.

Listen verbotener Literatur

Unterschiedliche Listen wurden zur Verfolgung von unliebsamen Autor:innen während des Nationalsozialismus erstellt. Bei der Vernichtung von Literatur im NS-Staat erheben diese Listen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Oft wurde bei Plünderungen wahllos vorgegangen oder regionale Persönlichkeiten besonders bedacht. Auch gab es Aufrufe, wie zum Beispiel durch Wilhelm Baur, Vorstand des Börsenvereins, dass jeder Buchhändler von sich aus, auch ohne Liste, das nötige „Gespür für unerwünschte Literatur“ besitzen müsste.

Die Schwarzen Listen“des Bibliothekars Wolfgang Herrmann waren jene, die den Student:innen im Mai 1933 das Material für die Bücherverbrennungen lieferte. Bereits am 26. März erschien die erste „Liste verbrennungswürdiger Bücher“. Sie war vorläufig und unvollständig. Herrmann arbeitete sie im Rahmen des „Ausschuss zur Neuordnung der Berliner Stadt- und Volksbüchereien“ weiter aus. Anfänglich dienten seine Listen nur der Aussonderungen in Bibliotheken. Ab dem 26. April übermittelte Herrmann weitere, auf dieser Basis erstellte Listen an die Deutsche Studentenschaft. Die „Schwarzen Listen“ wurden fortlaufend ergänzt und erweitert.

Auf ihrer Basis entstand ab 1935 die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“, die von der Reichsschrifttumskammer herausgegeben wurde. Sie wurde bis 1941 laufend ergänzt und am Ende fanden sich ca. 12.400 Titel und das Gesamtwerk von 149 Autor:innen auf ihr.

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